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Hasental-Mittelleger

31.10.2014

Prolog

In Vorbereitung auf die Schliessungen der Mautstrassen in die Gramai und in die Eng wollte ich mit einer frühmorgentlichen Tour die zentrale Bergwelt des Karwendels mit dem ersten Tageslicht in der flüchtigen Welt meiner Gedanken und in der dauerhaften Welt der Informationen einfangen.

Der erste Versuch sollte von der Gramai aus auf den Gramai-Hochleger und weiter zum Aufstieg zum Sonnjoch gehen. Die Schneeverhältnisse auf dem Weg zum Hochleger liesen jedoch ein zeitiges Erreichen der anvisierten Aussicht mit jedem Kräfte saugenden Schritt in weitere Ferne rücken. Schliesslich musste ich in das kalte Antlitz der Einsicht blicken und meinem Ziel den Rücken zukehren. Unverrichteter Dinge ging es daran den Rückweg anzutreten, auf dem aber schon über den nächste Angriff nachgedacht wurde.

Einige Tage später ergaben sich wieder verheissungsvolle Aussichten auf einen wolkenlosen Tagesbeginn. So war es nun an der Zeit neue Pläne für die Abschiedstour zu schmieden. Um einen Kräfte zerrenden Aufstieg zu vermeiden ging die Wahl auf einen südlich ausgerichteten Weg womit sich der Weg auf den Hasental-Mittelleger quasi von selbst ergab, da auf dem Mittelleger ein grandioser Ausblick auf die Eng und einen zentralen Bereich des Karwendel mit Sonnjoch, Hochglück, Gamsjoch und dem Falkenstock gewährt ist.

Aufstieg

Um den Wurm zu fangen hiess es schliesslich um 3:00 Uhr aufstehen, schnell frühstücken, das Auto packen und um 3:20 Uhr ging es schlussendlich los Richtung Hagelhütten, dem Ausgangspunkt. Die Entscheidung einen südwärts ausgerichteten Weg zu nehmen stellte sich als richtig heraus, wenn es auch einige Stellen tiefen Schnees gab. Diese konnten aber mit etwas Kraftaufwand bewältigt werden. Im Laufe des Aufstiegs wich langsam das Dunkel der Nacht mit seinen Sternen dem Blau des beginnenden Tages in dessen durchdrindender Kälte ich nach zwei Stunden am Mittelleger ankam. Sogleich ging es daran das Stativ und die Kamera aufzustellen.

Die Kälte der Nacht zeigt sich

6:26 A=f/11 t=20s f=18mm ISO=100
Blick nach Süden in Richtung des Großen Ahornbodens und der Eng

Als letzter 'Stern' weist Venus den Blick nach Süden über den Großen Ahornboden. Auf den Gipfeln läßt sich bereits das erste Tageslicht erahnen. Anschliessend heisst es auf die erste Sonnenstrahlen zu warten damit sie die Bergspitzen küssend mit einem orangeroten Lichtüberzug benetzen.

Trotz wärmender Gedanken, dicker Bergschuhe und dicker Socken begann die Kälte sich einen Weg über die Füße und Beine unaufhaltsam weiter und weiter nach oben zu bahnen.

Immer wieder wandte sich der Blick hoffnungsvoll nach Osten ob sich die Färbung des Himmels in das erhoffte Rot verwandelt, sogleich aber auch sorgenvoll ob die Wolken die Sonne von ihrem Werk abhalten mit ihren ersten Strahlen des Tages die Bergspitzen in das warme Licht des Sonnenaufgangs zu tauchen.

Versuch die Kälte zu vertreiben

6:41 A=f/11 t=0,3s f=16mm ISO=100
Blick nach Osten in Richtung des Plumsjochs

Von Osten aus beginnend fingen die Schleierwolken sich zunächst leicht, dann immer stärker orangerot einzufärben und diese Farbe auch zu auszustrahlen wodurch sich in dem Schnee Schattierungen zwischem kaltem Blau und warmen orangerot zeigten.

6:42 A=f/11 t=0,8s f=16mm ISO=100
Blick nach Süden in Richtung des Großen Ahornbodens und der Eng

Leider war diese Stimmung nicht von langer Dauer. Je weiter die Zeit voranschritt desto mehr verloren die Wolken ihre Färbung und die Kälte hielt die Landschaft wieder fest im Griff.

Ebenso nahm die Kälte weiter von mir Besitz und kroch weiter meine Beine hinauf. Obwohl mein Herz ob der Schönheit der Landschaft glühte, vermochte es nicht die aufsteigende Kälte aufzuhalten.

Die Erwartung eines neuen Moments hielt mich gefesselt an meine Kamera und so blieb mir nur übrig als mich springend, kniebeugend oder auf der Stelle laufend aufzuwärmen - Was mir aber nicht sonderlich gut gelang.

Der Tag erwacht endgültig

7:01 A=f/11 t=1/8s f=16mm ISO=100
Blick nach Süden in Richtung des Großen Ahornbodens und der Eng

Nach über einer halben Stunde des wartens und frierens drehte sich unserer Erdenrund weit genug um die Sonne über den Horizont zu heben damit sie die Gipfel erglühen lassen kann. So stehe ich da - ich frierender Tropf - inmitten dieser überwaltigenden Natur, drücke auf den Auslöser und geniesse jeden einzelnen Augenblick. Die Gipfel füllen sich mehr und mehr mit der Glut des erstrahlenden Tages.

7:08 A=f/8 t=1/125s f=50mm ISO=400
Blick nach Süden in den Großen Ahornboden und die Eng

Nach rund einer Stunde des aushaarens und sich der Kälte widersetzen ging es daran die Fotoausrüstung abzubauen und einzupacken. Um 7:20 machte ich mich auf den Weg zurück zum Auto, an dem ich knapp eine Stunde später ankam. Um 8:20 ging es dann mit dem Auto und voll augedrehter Heizung nach Hause wo ich um 9:20 ankam.

Selbst der schnelle Abstieg, die Autoheizung auf voller Leistung und eine heiße Dusche vermochten es nicht die Kälte aus meinem Körper zu vertreiben. Ich brauchte fast den ganzen Tag um wieder warm zu werden. Die Sichtung meiner Ergebnisse machte das aber zur Nebensächlichkeit.

Epilog

Trotz des ursprünglichen Miserfolgs wurde der zweite Anlauf zu einer meiner schönsten Touren. Und zum Glück ist meine Gesundheit robust genug um der andauernden Kälte zu widerstehen.

Und natürlich darf zu guter Letzt der Phrasendrescher nicht fehlen: